Freitag, 30. September 2011

Ein bisschen Wildheit

 

Ophelia, bleiche Jungfrau, wie der Schnee so schön,
die du, ein Kind noch, starbst in Wassers tiefem Grunde:
weil dir von rauher Freiheit ihre leise Kunde
die Stürme gaben, die von Norwegs Gletschern wehn.



Weil fremd ein Föhn, der dir die Haare peitschte, kam
Und Wundermär in deinen Träumersinn getragen;
weil in dem Seufzerlaut der Bäume und im Klagen
der Nacht dein Herz die Stimme der Natur vernahm.

Weil wie ein ungeheures Röcheln deinen Sinn,
den süßen Kindersinn, des Meeres Schrei gebrochen;
weil schön und bleich ein Prinz, der nicht ein Wort gesprochen,
im Mai, ein armer Narr, dir saß zu deinen Knien.



Von Liebe träumtest du, von Freiheit, Seligkeit;
du gingst in ihnen auf wie leichter Schnee im Feuer.
Dein Wort erwürgten deiner Träume Ungeheuer.
Dein blaues Auge löschte die Unendlichkeit.

Text: Athur Rimbaud - Ophelia

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